Online Casinos: Nicht illegal und noch immer nicht ganz legal

Früher war alles besser? Ansichtssache. Freunde des Glücksspiels werden diese Meinung sicher nicht teilen. Während sie sich früher für ein gepflegtes Spiel am Roulettetisch mit Schlips und Kragen auf den weiten Weg zur nächsten Spielbank begeben mussten, reicht heute vom heimischen Sofa ein Klick auf das Browsersymbol des Computers oder vom Smartphone. Online Casinos boomen und machen Milliarden Umsätze. Die Rechtslage ist jedoch noch immer nicht eindeutig geklärt.

Der neue Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland

Nicht illegal, aber auch nicht ganz legal. Der Gesetzgeber tut sich schwer und kassiert derweil fleißig Steuern bei den Casino-Betreibern.

Deutscher Glücksspielstaatsvertrag kontra EU-Recht

Knackpunkt bei der Frage nach der Legalität von Online Casinos ist die Frage, ob der deutsche Glücksspielstaatsvertrag gegen geltendes EU-Recht verstößt. Das Bundesland Schleswig-Holstein hatte diese Frage 2011 bejaht und war aus dem Vertrag ausgestiegen. Anschließend vergab das Land unter der Koalitionsregierung zwischen CDU und FDP sowie dem Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU) 23 Lizenzen für Glücksspielbetreiber.

Nach der Landtagswahl 2012 wurde diese Regierung durch eine Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und SSW abgelöst. In der Folge trat das Land dem Glücksspielstaatsvertrag wieder bei. Die vergebenen Lizenzen behielten jedoch ihre Gültigkeit. Dass auch das Spielen in Online Casinos ohne Lizenz aus Schleswig-Holstein keine Straftat darstellt, liegt daran, dass Lizenzen aus Ländern der EU wie Malta, Zypern oder Großbritannien auch in Deutschland geduldet werden. „Die Regulierungsstellen in Malta oder Gibraltar sind europaweit und international anerkannt und stellen an die Lizenzvergabe die höchsten Ansprüche.“, so ein Rechtsexperte der Branche.

Neuer Versuch der Regulierung – Die aktuelle Lage

Ein Wort mit 33 Buchstaben hat seit dem 1. Januar 2020 für den Beginn grundlegender Änderungen auf dem Glücksspielmarkt in Deutschland gesorgt: Glücksspieländerungsstaatsvertrag, abgekürzt GlüÄndStV. Er diente lediglich dazu, mehr Zeit zu gewinnen und beließ im Großen und Ganzen alles beim Alten. Eine Regelung für Online Casinos war noch nicht enthalten. Sportwetten und Casino Spiele wie das Spielcasino in Stadtgame wurden also wie bisher ohne staatliche Regulierung angeboten. Das wollen die deutschen Glücksspielbehörden aber bis zum geplanten Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages am 1. Juli 2021 schaffen.

Übergangsregelung und offizielle Lizenzvergabe

Aktuell haben sich die Bundesländer auf gemeinsame Leitlinien in Bezug auf Angebote von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker auf Grundlage des Umlaufbeschlusses der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien vom 8. September 2020 geeinigt. Danach sind in Online Casinos nur noch Automatenspiele und Poker erlaubt.

Zusätzlich wurden starke Beschränkungen auf die Slot-Spiele erlassen, die dem Spielerschutz dienen sollen. Hier eine Auswahl dieser Beschränkungen:

  • Einsatzlimit maximal 1.000 € pro Monat
  • Verpflichtende Bereitstellung eines Panik-Knopfs, der bei Drücken den Spieler für 24-Stunden sperrt
  • Verpflichtendes, automatisiertes Spielsuchtfrüherkennungssystems
  • Verbot der automatischen Spielfortsetzung (Autoplay)
  • Spieldauer pro Spin mindestens 5 Sekunden
  • Maximaleinsatz pro Spin 1 €

Online Casinos, die sich an diese Übergangsregeln halten, dürfen im Sommer im Rahmen einer offiziellen Lizenzvergabe mit einer Lizenz rechnen. Es gibt aber noch zahlreiche Betreiber, die sich diesen Beschränkungen nicht unterworfen haben. Viele deutsche Spieler wandern von den großen Anbietern wie 888 Holding oder GVC Holding in diese kleineren Casinos ab, weil der Spielspaß in diesen Casinos bedeutend größer ist.

Marktwert deutscher Spieler in Online Casinos ist gesunken

Diese Beschränkungen führen natürlich zu geringeren Umsätzen in den Online Casinos, was dazu führte, dass die Casino Betreiber nicht mehr so mit Bonusangeboten um sich werfen wie früher. Es gibt schon jetzt bei den Bonusangeboten einen großen Unterschied zwischen den Casino Webseiten, die die Übergangsregeln umsetzen und denen, die sich nicht daranhalten. Hier ist der Einzahlungsbonus deutlich höher. Diese Casinos halten sich nicht an die Übergangsregeln und werben mit dem Slogan „Casino ohne Limit“. Bis zum Sommer 2021 wird diese Praxis noch geduldet. In den Augen der deutschen Behörden gelten diese Anbieter aber als unzuverlässig und können nicht mit einer deutschen Lizenz rechnen. Auch eine eventuell vorhandene Lizenz aus Schleswig-Holstein läuft am 30.06.2021 aus, wenn der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten soll.

Online Casinos mit Schleswig-Holstein Lizenz

Die folgende Infografik zeigt die in Deutschland operierenden Casinos, die mit einer Lizenz aus Schleswig-Holstein ausgestattet sind.

Online Casinos mit Lizenz

Online Casinos mit einer Lizenz aus Schleswig-Holstein

In der Infografik sind 19 Online Casinos aufgeführt. 23 Lizenzen hat aber das schleswig-holsteinische Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten vergeben. Das liegt daran, dass einige Lizenzinhaber kein eigenes Online Casino betreiben:

  • OnGoing Media GmbH: Online-Agentur mit Sitz in Hamburg, die nationale und internationale E-Commerce-, Lotterie- und Wett-Plattformen betreut.
  • Greentube Malta Ltd.: Entwickler von Online-Spielen und mobilen Spiele-Plattformen mit Sitz in Wien und Tochtergesellschaft der Novomatic AG.
  • Trading Technologies Ltd.: Gehört zur Gauselmann Gruppe und ist Inhaber der Marke Merkur-Win. Zurzeit ist das Unternehmen nur mit Online Casinos in Italien auf dem Markt.
  • REEL Germany Ltd.: Betreibt in Deutschland den Pokerraum Pokerstars.de. Dabei handelt es sich um eine kostenlose Pokerschule und Einsätze werden nur mit kostenlosen Spielgeldchips getätigt.

Seit zwölf Jahren keine Glücksspielregulierung

Ein neuer Versuch zur Vergabe von Lizenzen für die Glücksspielbranche scheiterte 2014 kläglich. Das Bundesland Hessen war mit dieser Aufgabe deutschlandweit beauftragt und vergab insgesamt 20 Lizenzen. Das rief natürlich all jene Anbieter auf den Plan, die keine Lizenz erhalten hatten. Eine Klagewelle war die Folge und die Glücksspielunternehmen erstritten sich ihr Recht vor Gericht. In den Urteilsbegründungen hieß es oft, dass der deutsche Glücksspielstaatsvertrag nicht mit Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) über den freien Dienstleistungsverkehr vereinbar sei.

Staatliche Stellen und diverse Politiker kritisierten in der Vergangenheit immer wieder, dass viele Wettbüros und Casinos eigentlich illegal sind. Diese Meinung gründet sich auf die Tatsache, dass laut deutschem Recht Online-Glücksspiel nur mit deutschen Lizenzen erlaubt ist. Im Gegensatz dazu verlangt die EU, dass Lizenzen, die ein EU-Staat wie Malta oder Zypern einem Online-Casino vergibt, in allen anderen EU-Ländern, also auch Deutschland, ebenfalls Gültigkeit besitzen muss. Deshalb agieren viele Online Casinos in Deutschland immer noch in einer rechtlichen Grauzone.

Suchtbekämpfung kontra Steuereinnahmen

Hauptargument seitens der deutschen Politik ist oft das Argument, dass die Vielzahl der Glücksspielanbieter das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht beschleunige und die Unternehmen wenig dafür tun, die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen.

Gegner halten diese Argumentation für scheinheilig. Sie weisen darauf hin, dass es dem Staat weniger um die Suchtbekämpfung als vielmehr um die immensen Steuereinnahmen gehe. In einem Beitrag auf Grossstadtpapier.de, einem Produkt der Lehrredaktion des Studienganges Journalism & Business Communication an der privaten staatlich anerkannten Hochschule BiTS in Hamburg, kommt Joanna Ramuschkat in ihrem Erlebnisbericht zum Hamburger Spielcasino Esplanade zu dem Schluss: „Der deutsche Staat verdient am Glücksspiel jährlich etwa 3,3 Milliarden Euro. Und agiert wie ein König. Er vergibt Konzessionen und hat die Macht. Über die Gewerbesteuer kassiert er an Geldspielautomaten jährlich noch etwa 1,2 Milliarden Euro dazu.“

Einnahmen durch deutsche Glücksspielsteuer

Der Staat kassiert bei den Unternehmen der Glücksspielbranche richtig ab.

Ist der neue Glücksspielstaatsvertrag die Lösung?

Inzwischen haben einige Politiker erkannt, dass der alte Glücksspielstaatsvertrag einige Schwächen aufweist. Die Forderungen nach einer Regulierung werden immer lauter. Justiziarin Christina Gassner von der Deutschen Fußball Liga meint dazu: „Obwohl der Glücksspieländerungsstaatsvertrag seit Jahren in Kraft ist, sind die Länder anscheinend nicht in der Lage, den Glücksspielmarkt klar und kohärent zu organisieren.“ Der Geschäftsführer von Lotto Hessen, Heinz-Georg Sundermann hat eingesehen: „Die zahlenmäßige Beschränkung der Sportwettenkonzessionen war falsch. Notwendig ist ein qualitatives Verfahren, welches allen Teilnehmern, die die qualitativen Vorgaben der Regulierungsbehörden erfüllen, die Marktteilnahme ermöglicht.“

Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten wäre wünschenswert

Das läge sicher im Interesse aller potentiellen Anbieter von Sportwetten und Online Casinos. Auch der hessische Innenminister Peter Beuth plädierte in einem Gastbeitrag auf faz.net für eine schnelle Änderung des Glücksspielstaatsvertrages. Zumindest bis Jun 2021 hat die Politik Zeit, die ungeklärte Rechtssituation zu bereinigen. So lange laufen nämlich die Lizenzen aus Schleswig-Holstein.

Und solange werden sicher auch Anbieter mit Lizenzen aus dem EU-Ausland in Deutschland geduldet. Ein neuer Glücksspielstaatsvertrag sollte die Interessen aller Anbieter unter einen Hut bringen. Maßnahmen zur Spielsuchtprävention bieten die Online Casino Betreiber schon lange an. Aufgabe des Verbrauchers ist es derweil, sich vor der Nutzung genau über das jeweilige Angebot einzelner Glücksspielanbieter zu informieren und das eigene Spielverhalten genau zu beobachten.

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